ED - Ellbogendysplasie

Die Ellbogendysplasie ist ein chronisch verlaufender Krankheitskomplex des Ellbogengelenks schnellwüchsiger Hunderassen. Die ED stellt eine vererbte Entwicklungsstörung des wachsenden Skeletts dar. Hohes Körpermassewachstum und Fütterungsfehler sind weitere begünstigende (prädisponierende) Faktoren. Die ED beginnt in der späten Wachstumsphase bei vier bis acht Monate alten Jungtieren mit einer schmerzhaften Veränderung des Gelenks und der gelenkbildenden Knochenteile (Osteoarthrose) mit Lahmheit. Der Bewegungsumfang des Ellbogengelenks ist eingeschränkt. Frühzeichen sind Steifigkeit am Morgen oder nach Ruhepausen. Die Krankheit schreitet lebenslang fort und ist nicht heilbar, eine weitgehende Schmerzfreiheit kann aber in vielen Fällen erreicht werden.

Die ED wird polygenetisch (über mehrere Gene) vererbt. Der genaue Erbgang und die beteiligten Gene sind bislang nicht bekannt, so dass kein Gentest für die Erkrankung existiert. Der Nachweis kann daher bislang nur über die tierärztliche Beurteilung des Einzeltieres erfolgen, einige Hundezuchtverbände fordern eine Röntgenuntersuchung für Zuchttiere. Der Grad der Vererbbarkeit (Heritabilität) ist für Rüden größer als für Hündinnen und wird je nach Rasse und Population mit Werten zwischen 0,1 und 0,7 angegeben.

Klinische Symptome :
Die erkrankten Tiere werden durch Lahmheiten im Bereich der Vordergliedmaße auffällig. Es besteht hierbei eine Mischform aus Hangbein- und Stützbeinlahmheit, häufig kommt es zu einer Wegführung des Unterarmes und der Pfote von der normalen Achse der Gliedmaße (Abduktion) sowie einem Heranziehen des Ellenbogens an den Körper (Adduktion), wobei die Gliedmaße eingedreht wird. Bei der klinischen Untersuchung kann häufig eine vermehrte Füllung der Gelenkkapsel festgestellt werden, das Gelenk ist meist schmerzhaft und teilweise können Knirschgeräusche wie Pseudokrepitationen ausgelöst werden.
Eine Ellbogendysplasie entsteht, wenn die gelenkbildenden Knochenteile Oberarmknochen (Humerus), Elle (Ulna) und Speiche (Radius) nicht exakt genug zueinander passen. Die ungenaue Passform oder Inkongruenz führt zu chronischen Umbauvorgängen am Ellbogengelenk und den gelenkbildenden Knochenteilen (Osteoarthrose), die zu einer Sklerosierung der Knochen und zur Ausbildung von Knochenauswüchsen (Osteophyten) führen.

Bei geringer Inkongruenz der Gelenkflächen ist die Osteoarthrose das einzige Anzeichen einer Ellbogendysplasie, darüber hinaus können weitere Veränderungen auftreten:
1. Fragmentierung des Processus coronoideus medialis (FCP, Ablösung des innen liegenden Kronfortsatzes der Elle)
2. Osteochondrosis dissecans am Condylus medialis humeri (OCD, Knorpelablösung am innen liegenden Rollhöcker des Oberarmknochens)
3. Isolierung des Processus anconaeus (IPA, Ablösung des Ellenbogenfortsatzes der Elle)
Ein gleichzeitiges Auftreten mehrerer dieser Komplikationen ist häufig.[8] Gelegentlich werden im deutschsprachigen Raum auch weitere Entwicklungsstörungen wie die ausbleibende Fusion der drei ellenbogenseitigen Verknöcherungskerne des Oberarmknochens und die angeborene Ellbogenluxation oder Subluxation bei kleinen (sogenannten chondrodystrophen) Hunderassen in den Ellbogendysplasie-Komplex eingeordnet. Letztere begünstigen ebenfalls das Auftreten eines IPA oder FCP, werden aber von der International Elbow working Group nicht zum ED-Komplex gezählt.
Die Erkrankung tritt frühestens im Alter von fünf bis sieben Monaten auf.

 

 

 

Unter Umständen wird sie aber vom Besitzer nicht sofort bemerkt, so dass auch Tiere erst im zweiten Lebensjahr dem Tierarzt vorgestellt werden. Klinisch äußert sich eine FCP als Lahmheit, die vor allem nach längerer Ruhe oder stärkerer Belastung auftritt. Der Ellenbogen wird zur Seite ausgestellt. Bei der klinischen Untersuchung zeigt sich eine Schmerzhaftigkeit bei starker Streckung oder Beugung des Gelenks. Im Röntgenbild sind vor allem die Verschattungen im Bereich der Elle, der Verlust der Knochenbälkchenzeichnung, eine undeutliche vordere Kontur im latero-lateralen Strahlengang (seitliche Projektion) und gegebenenfalls die Frakturlinie des Fortsatzes sichtbar. Ein vollständiger Abriss des Processus coronoideus ist jedoch selten. Aufgrund der mangelnden Kongruenz können sich eine Stufe zwischen Speiche und Elle und ein ungleichmäßig breiter Gelenkspalt darstellen.

Diese Inkongruenz lässt sich mittels eines Quotienten darstellen. Hierzu wird die Länge der Incisura trochlearis sowie die Entfernung zwischen der Spitze des Processus anconaeus und der Spitze des Processus coronoideus lateralis ulnae gemessen. Liegt der Quotient beider Werte über 1,15, gilt das Ellenbogengelenk als inkongruent.
Die mit dem FCP verbundene Arthrose zeigt sich bei schwereren Formen in Lippenbildungen der angrenzenden Knochenkonturen. Knochenanbauten treten vor allem am innen liegenden (medialen) Rand der Elle und des Oberarmknochens auf. Eine Arthroskopie kann die Diagnose FCP untermauern.


Osteochondrosis dissecans humeri: Eine Osteochondrosis dissecans (OCD) kommt im Bereich des Ellenbogengelenks fast ausschließlich am innen liegenden Rollhöcker des Oberarmknochens (Condylus medialis humeri) vor. Sie entsteht zumeist im Alter von 5 Monaten und in der Regel beidseitig. Häufiger betroffene Rassen sind Labrador Retriever, Golden Retriever und Rottweiler. Häufig ist diese Form der Ellbogendysplasie mit einem fragmentierten Processus coronoideus verbunden. Allerdings wird meist eine "echte" OCD mit den Knorpelerosionen (kissing lesions) bei einem FCP verwechselt, welche nicht das unter dem Gelenkknorpel gelegene (subchondrale) Knochengewebe betreffen, so dass Read[6] ein gleichzeitiges Auftreten beider Läsionen anzweifelt.

Die Diagnose lässt sich zumeist anhand eines Röntgenbildes, vor allem im anterior-posterioren Strahlengang (Projektion von vorn nach hinten) stellen. Der röntgenologische Nachweis gelingt jedoch nicht immer, so dass der sichere Ausschluss nur über eine Arthroskopie oder Computertomografie (CT) erfolgen kann.
Ein selbstständiger (isolierter) Ellenbogenfortsatz der Elle ist eine erblich bedingte Störung der enchondralen Ossifikation und wurde 1956 erstmals beschrieben. Beim IPA unterbleibt die Fusion zwischen Elle und ihrem Processus anconaeus, der ein eigenes Ossifikationszentrum besitzt, welches normalerweise im Alter von 18 bis 24 Wochen mit der Elle verschmilzt.[6] In diesem Alter besteht aufgrund einer verminderten Elastizität die Gefahr eines teilweisen oder vollständigen Abrisses durch ein Trauma oder das Ausbleiben des Fugenschlusses infolge hoher körperlicher Aktivität. Als weitere Ursache wird ein vermindertes Längenwachstum der Elle (sog. short-ulna-syndrome) diskutiert. Eine Überversorgung mit Calcium und Phosphor begünstigt das Auftreten eines IPA. Überdurchschnittlich betroffen sind Rottweiler und Deutscher Schäferhund. Bei Rüden ist die Erkrankung häufiger als bei Hündinnen. In etwa 60 % der Fälle tritt ein IPA einseitig auf.

Die Diagnose wird anhand eines Röntgenbildes in Beugestellung des Gelenks gestellt, wobei zu beachten ist, dass der Processus anconeus erst mit etwa sechs Monaten mit der Elle verschmilzt. Die Frakturlinie ist in den meisten Fällen gut sichtbar, außerdem kommt es zu Sklerosierungen des betroffenen Bereiches und bei längerem Bestehen zu Knochenanbauten.